why Marx was right |
Hörsaal III, 18:45 - nachdem die
beiden Haustechniker mit schockierender Pedanterie bereits eine
Viertel Stunde am streikenden Mikrophon herum gewerkt haben, wurde es
den Vortragenden zu dumm und sie entschieden sich, den Vortrag ohne
technische Unterstützung zu halten. Leider nahm sich niemand mehr
die Zeit (Zeit ist Geld?), dass defekte Mikrophon abzustecken.
Dadurch erfüllte ein markdurchdringender, schrecklicher Sinuston den
ganzen Raum. Er hatte eine Tonhöhe, die wohl nur junge Ohren hören
konnten (die Höhensensibilität des Ohres nimmt mit dem Alter ab),
und legte sich wie eine furchtbare Art Kopfweh in die Schläfe. Ich
konnte dem Vortrag nicht folgen, auch wenn ich es versuchte mich.
Innerlich total verkrampft, wehrte sich etwas in mir dagegen, ihn
einfach weg zu blocken. Es erinnerte mich an diese neumodischen
Alarmanlagen, die man seit ein paar Jahren einsetzt, um junge
Störenfriede von Grundstücken fernzuhalten
(http://de.wikipedia.org/wiki/The_Mosquito).
Diesem terrorisierenden, ungesunden
Stress verursachenden Ton waren wir die ganze Vorlesung lang
ausgesetzt. Es verstand sich aufgrund des Imperativs braver,
kritischer Gelehrsamkeit von selbst, dass man diesen akustischen
Störfaktor zugunsten des Inhalts der Rede unterdrücken musste. Die
Sinnlichkeit muss unterdrückt werden, um geistige Spähren zu
erreichen - dieser abendländischen Doktrin schien hier mit Hilfe
technischer Mittel Nachdruck verliehen zu werden. Der Vortragende
Terry Eagleton hielt einen Vortrag zur Aktualität von Marx und
Kapitalismuskritik, während in seinem Hintergrund eine gigantische,
die Aufmerksamkeit absorbierende Werbung leuchtete. Anstatt dass der
Beamer bei Nichtgebrauch in den Energiesparmodus schaltet, blendet
sich seit ungefähr einem Jahr eine riesige WienENERGIE-Werbung
automatisch ein, die uns zum frohen Energiekonsum auffordert, den sie
uns auch gleich munter vormacht.
Wird auf der UniWien gerade eine neue
experimentelle Regierungstechnik implementiert, die uns zur
Unterdrückung jeglicher Sinnlichkeit (und also zu guten
Abendländern) abrichtet und uns gleichzeitig als
unmissverständlichen Seitenhieb den realen Stellenwert von
Kapitalismuskritik verdeutlichen will? Kapitalismuskritik powered by
CocaCola?
A little spontaneous and angry outburst about the University of Vienna and it's falling prey to capitalist marketing strategies. Not really anything of interest for anything outside University of Vienna.
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