Mittwoch, 16. Dezember 2020

new text on the Corona pandemic: "Der dritte Weg"

In der öffentlichen Diskussion über die Covid-19 Pandemie und die Eindämmungsmaßnahmen haben sich schnell zwei unvereinbare Fronten herausgebildet. Zwischen dem eifrigen Befürworten staatlicher Eingriffe und dem wirren Verschwörungsamalgam der Zweifler*innen und Leugner*innen scheint es kaum Platz für eine kritische Auseinandersetzung zu geben. 

In meinem vorgestern in der Berliner Gazette erschienen Text "Der dritte Weg: Warum eine differenzierte Kritik der “Corona-Maßnahmen” gerade jetzt wichtig ist" versuche ich jenseits der Polarisierung der Komplexität der Lage treu zu bleiben. Im Zwischen von Panischer Überreaktion und zynischer Negation widme ich mich fragen wie:

Was ist Übersterblichkeit?

Hätte eine "Jahrhundertpandemie" bisher eigentlich besser laufen können? 

Was für Probleme entstehen durch eine Verwechslung von Gefahr und Risiko, Infektion und Erkrankung?

Inwiefern ist die "Impfung" eine Auswuchs promethischer Technikgläubigkeit und ihrer naiven Blindheit gegenüber Umweltfolgen?

https://berlinergazette.de/warum-wir-eine-differenzierte-kritik-der-corona-massnahmen-brauchen/

Dienstag, 8. Dezember 2020

Miniature inspired by Max Kolten's "be a real man"

I was already afraid that - due to the Covid-restrictions that hit the cultural sector over-proportionally and unfairly hard - this exhibition will never be allowed to open it's doors. However, you can now see the exhibition "THE WILL TO CHANGE" curated by Alexandra-Maria Toth at New Jörg until the 18th of December! The exhibition invited the artists Ed Fornieles, Gašper Kunšič and Max Kolten to think about masculinities from various angles and I was invited to write a text of free form in dialogue with Max Kolten.

 
His exhibited work - consisting of metal sculptures and drawings - reflects on misogyny and racism within gay scenes. This is a topic which interests me at least since I worked on my book about Berghain and our exchange about the topic was very inspiring to me and I am quite happy with the little miniature text I subsequently wrote for the exhibition's publication. 
 
"When things seemed to get out of control, he made jokes and blamed the women on his stuff, saying they were simply too emotional under stress. These little quips worked – as intended – to lighten up the atmosphere. The women got more silent and efficient and he felt less stressed when he put the blame on others. So, progressively, he integrated this behavior as his usual demeanor in work hours (and there weren’t really many other hours in his life to be honest). It made things much easier. Especially the women from the far-off-country put him much less under stress since he stopped trying to always be concerned and serious with them – and instead lightened up the atmosphere with his mocking demeanor. He saw it as one of the values of his wonderful country he could teach them: to not be too uptight about roles and posts."

 You can find the full text at the exhibition, in the publication or online here

 
All the images in this post are of course from the magnificent work of Max Kolten, whom I thank gratefully for our exchange and the permission to post his work.

Mittwoch, 25. November 2020

Postcoronal Prayer online


The "Postcoronal Prayer" that Helena Dietrich has developed with textual collaboration by me & was premiered on the 9th of August 2020 at the Parque del iSOLation-Festival is now finally online! This work is intended to make the listener sensory aware of the multitudinous and microbial entanglements that are necessary for our being and further becoming on this vast planet undergoing huge and multi-faceted changes. It is the attempt to feel into (and not only theoretically speculate about) a different relationship to the viruses and bacteria that are a vital condition for any living form in the biosphere. It is a meditation inspired by Lynn Margulis and others. 

 

"Viren als moderner Begriff sind seit ca. 150 Jahren bekannt. Sie wurden bislang großteils als negativ und gesundheitsschädigende Parasiten verstanden. Heutzutage kommt man aber in der Wissenschaft immer mehr dahinter, dass Viren auch förderlich - gar notwendig - für die Gesundheit von Individuen wie sogar die ökologische Metastabilität des Planeten sind.

In der Coronakrise herrscht das alte Bild des Virus als zu bekämpfenden Feind vor - man erklärt Sars-Cov-2 den Krieg und anderes. Nachdem Einsichten des “microbial turns” in den letzten Jahren sogar in den Mainstream vorgedrungen sind (z.B. wir denken auch mit dem Darm und bestehen aus mehr als 50% nicht-menschlichen Zellen etc.), droht jetzt ein Backlash in das Bild des Menschen als abgeschlossenes Individuum (eine Art Neo- oder Residual-Cartesianismus), welches sich durch “social distancing”, Desinfektionsmittel und anderen Praktiken alle Mikroben vom Hals halten will. Dieses unerfüllbare Reinheitsideal wäre nicht nur für das Individuum, sondern auch für den Planeten tödlich. Deswegen soll dieses Gebet ein anderes, komplexeres Verhältnis zu Viren und anderen Mikroben in einer Zeit der multiplen Krisen und ökologischen Katastrophen ersehnen."

 

Find more on postcoronal.org




Donnerstag, 24. September 2020

TEST.TUBE lab 01: Anthropozän

 


I have been invited to contribute to the TEST.TUBE Lab 01: Anthropozän this Saturday. First I will have a introductory critical discussion of the many implications & interpretations of the concept of the Anthropocene with Thomas Jelinek and will moderate the presentations by Gerald Nestler (technopolitics) and Elisabeth Klatzer (attac).

And at the very end I will contribute with a performative presentation of our TOXIC TEMPLE project, in which I will also show a video-work of our ongoing project that hasn't been publicly shown yet.

You can tune into the multi-media Lab here and find more information about the event here.

See you there (Spitzer im Odeon, Taborstraße 10, 1020 Vienna) or in the vast realms of the internet!

 

DEINE STARKEN ARME....

Dienstag, 15. September 2020

Philosophy Unbound X Platz für Wien - this Friday, 18.9.2020 18-21h

 


I am very happy to announce that Philosophy Unbound will have it's first event since the Corona lock-downs. In collaboration with Platz für Wien (www.platzfuer.wien) we will investigate what many of witnessed during the Lock-Down period: how much nicer and calmer the urban public spaces can be if they aren't pestered with the catastrophic normality of auto-mobilized capitalism. 
 
On Friday, the 18th of September, from 18h on we will occupy Vienna's Kettenbrückengasse and have many performative interventions and discussions going on. 
Together with carless.earth I will also participate in a performative intervention on our utopia of the car-free planet.
And after 20h we will have an afterparty with the Critical Mass visiting us. 
 
Drop by - we are very excited about this experiment!


Donnerstag, 13. August 2020

Smelly Arts - für eine Kultivierung des Geruchssinns in der postcoronalen Zeit - published for postcoronal.org

Skizze von Andreas Fränzl, entstanden während meines Geruchsworkshop im Rahmen des Parque Del iSolation-Festivals am 4.August 2020  

Für unser Projekt Uncrowned Hope - Zu einer postcoronalen Gesellschaft habe ich einen Aufschlagstext zu einem der vier thematischen Hauptpfeiler verfasst. Dieser ist im Rahmen mehrerer Workshopsituationen während des Parque Del iSolation-Festivals im Sonnenpark St. Pölten entstanden und plädiert für eine Kultivierung des Olfaktorischen - also des Geruchs - für eine Kunst in  postcoronalen Zeiten. 

"In der Bewusstseinswerdung der sich drastisch verändernden Biosphäre kann eine Kultivierung des Geruchssinns den Weg weisen. Wenn wir uns bislang durch eine Kultivierung vom Sehen von der Umwelt abgekapselt haben, könnte ein Öffnen und Entwickeln des Geruchssinn die gegenteilige Richtung andeuten. Wo wir uns - durch eine Abwertung der Nase - die so genannte Krone der Schöpfung aufgesetzt haben, können wir durch genaueres Hinriechen unsere Verwobenheit und untrennbare Co-Abhängigkeit mit all den anderen Tieren erspüren. Eine Kultur, die mehr riecht, wird in Richtung einer ökologisch nachhaltigeren Gesellschaft treiben. Wo die coronale Krise ein gänzliches Ende des Riechens bedeutet, sollte die postcoronale Welt sich mehr bei der Nase nehmen und gängige wie zukünftige Verwobenheiten mit dieser toxischen Welt erschnüffeln.Mit der Nase können wir jene chaotischen Umweltrelationen erspüren, von denen wir uns durch das Primat des Auges in zu einfachen Kausallogiken distanziert haben."

Der Text findet sich in voller Länge hier.  

Ein paar Fotos vom Geruchs-Workshop:







Samstag, 1. August 2020

Uncrowned Hope - erste Veröffentlichung im Rahmen des parque des sol-Festival 2020


Unser Projekt Uncrowned Hope - Zu einer post-coronalen Gesellschaft wird nächste Woche seinen ersten Öffentlichkeitsmoment haben. Während der ganzen Woche gibt es ein halb-öffentliches Labor zu unseren Themen. Ich spreche am Di zu "Geruch in der Kunst" und am Do über den Regelbruch im Kunstschaffen. Aus beiden Themen werden Workshop-Situationen entwachsen. Bei Interesse, gerne bei mir melden.

Am Sonntag, dem 9.8, wird es dann einen gänzlich öffentlichen Tag geben, an dem Tomas Ziernhofer-Kin, Sabrina Bühn und ich über das Projekt sprechen werden. Abends gibt es dann das "Postcoronale Gebet", welches Helena Dietrich mit meiner diskursiven Mithilfe entwickelt hat.

Dienstag, 21. Juli 2020

Denkkollektiv #4 – Körper und Vernünfte (29.-31.7.2020, im_flieger Vienna)

Denkkollektiv #4 – Körper und Vernünfte
29. - 31. Juli 2020


Vernunft und Körper waren sich Jahrhunderte lang Fremde, so erzählen manche. Sie wollen sie lieber als monolithische Einheiten in misstrauischer Distanz zueinander betrachten. Als ob die (menschlichen) Körper für die Vernunft ein vergängliches, vernachlässigbares Etwas wären  – ein Hindernis am Weg zur reinen Erkenntnis. Die Vernunft, andererseits für die Körper nur autoritärer Zwinger – mit der spontane Freiheit nicht machbar ist. Zwischen diesen Opposition bewegt sich ein flüssiger Untergrund, in dem sich die schlammigen, unreinen Gemengelagen der ökologisch prekären Gegenwart tummeln.

Im vierten Denkkollektiv möchten Sabina Holzer und Kilian Jörg gemeinsam und mit Stoffwechsel – Ökologien der Zusammenarbeit auf Tauchstation gehen und diese dreckigen Assoziationen bergen, fühlen, riechen, schmecken, tanzen, denken. Im Schmelztegel unserer Ordnungskategorien fallen die Begriffe zusammen und schimmern gleichzeitig in unüberschaubarer Farbenpracht: plötzlich begegnen wir so vielen Körpern und so vielen Vernünften, dass der strenge Ordnungswille über Bord geht und wir vielmehr in frei-assoziativen Spiel schillernd bunte, mannigfaltige Tanzpartner_innen unter den Vernünften und Körpern suchen. Wie fordert man eine Vernunft zum Tanz auf? Wie tanzt sich ein vernünftiger Gedanke? Wie ist man/frau mit der Hüfte vernünftig? Wie stecken Gedanken Körper an und Körper Gedanken? Mit welcher Bewegung fühlen sich Vernünfte und Körper als plötzlich eins?


 
 Denkkollektiv #4 - Körper und Vernünfte
 29. - 31. Juli 2020
 16.00 - 20.00 @ Im_flieger & andere Orte (am 30ten: Spaziergang vom Flieger zum Karlsplatz, am 31ten: Schwarzenbergpark)
Veröffentlichung: 30. Juli, 17.30 Im_flieger - mit anschließendem angeleiteten Walk zum Karlsplatz (mit performativer Exkursion in mein Buch "Backlash - Essays zur Resilienz der Moderne")

 





Dienstag, 14. Juli 2020

Backlash Book-Release in Berlin - 16/7/2020

Obwohl die Corona-Restriktionen nachwievor vergleichsweise hart und undurchsichtig für Kulturveranstaltungen in Deutschland sind, habe ich mich entschieden ein kleines Release meines neuen Buches "Backlash - Essays zur Resilienz der Moderne" zu machen.


Treffpunkt ist an diesem Donnerstag, dem 16. Juli 2020, um 18h vor dem Antiquariat Kalligramm in der Oranienstraße 28. Ich werde von dort einen kleinen performativen Spaziergang anleiten, bei dem wir gemeinsam einige im Buch vorkommende Handlungsanweisungen ausprobieren werden und ich dann im Park oder von der Straßenecke aus je nach Lust und Bedarf aus dem Buch vorlesen werde.

Ich freue mich auf dieses Experiment mit Euch!

--> Facebook-Event

Donnerstag, 9. Juli 2020

carless.earth - Manifesto & next Philosophy Unbound Call online

 
Together with others, I have started a platform / initiative that wants to give a voice to the utopia of the car-free world. The carfree citiy can only be the first step towards a utopia (in the sense of "non-place") that radically gets rid of the exploitative, extractivist structures we call capitalism and that today wouldn't  be possible to maintain itself for a day without the car. A really green planet needs to be a carfree planet! Let's there to think the carless.earth!

--> carless.earth <--

The manifesto has also been published at Berliner Gazette - please get in contact if you want to join our utopian vision!

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In a similar vein, the next - and first postcoronal - edition of Philosophy Unbound (#27) will be devoted to rethink and redo the public space. For this, we are joining forces with the initiative "Platz für Wien" to temporarily occupy a street in Vienna and perform and philosophize about other ways of making public than the modern, car-centered one!

Find the CALL here.


Dienstag, 7. Juli 2020

Regelbruch, Provokation & ökologisches Kunstschaffen - published for postcoronal.org

Für das langsam anlaufende Projekt Uncrowned Hope - Towards a postcoronal society (postcoronal.org) habe ich nach dem Manifest nun einen zweiten theoretischen Text verfasst, der die Ausrichtung des Projekts in einem Aspekt beschreiben soll.


In diesem Text bespreche ich den Status des Regelbruchs im gegenwärtigen Kunstschaffen - wie dieser aufgrund von rechtem Backlash und political correctness-Debatten aus dem Fokus geraten ist - und wie dessen provokative und inklusive Potential durch eine Refokussierung auf den nicht-mehr-nur-menschlichen und rein sozialen Bereich aktualisiert werden könnte.
Neue ökologische Kunst soll es wieder mehr wagen, die Regeln und Konventionen unserer Gesellschaft herauszufordern! Diesem Thema und Problemfeld werden wir uns u.A. bei Uncrowned Hope widmen...

Der Text findet sich hier.





 (two internet findings from recent working processes)

Freitag, 12. Juni 2020

Talk on Deutschlandfunk Kultur on the "Autoregime" now online

Mein Gespräch über das Auto als Metapher der zu überkommenden Moderne und die Utopie einer autofreien Welt mit dem Deutschlandfunk Kultur ist nun hier online nachzuhören.

Die Thesen über das "Autoregime" sind natürlich in meinem Buch Backlash - Essays zur Reseilienz der Moderne genauer nachzulesen.

Freitag, 5. Juni 2020

Uncrowned Hope - Towards a postcoronal society





I am happy to announce that the trans-disciplinary project UNCROWNED HOPE - TOWARDS A POSTCORONAL SOCIETY has gone public. This project tries to seek and bring together utopian ecological potentials from manifold and international fields in the St. Pölten area for the coming years.
I have written the "Manifesto" which explains how we regard the so called "Corona crisis" as starting point to think about and experiment radically different ways of relating to our massively changing planet. "Postcoronal" hereby does not only refer to "after the Corona virus", but also for regarding humanity "after the Crown of Creation" which - in modern delusion - it believed to have.

You can find the manifesto in both German and English here - and many more contents will follow in the next months.

Mittwoch, 3. Juni 2020

"Backlash" appearing in Deutschlandfunk Kultur's "Lakonisch, Elegant" and Bookpresentation at Schikaneder tomorrow


The first two public appearances of my new book "Backlash - Essays zur Resilienz der Moderne" will happen tomorrow!

AUTOreferentiality via rbb
1)* at about 17h you will be able to listen to (and afterwards download) a conversation I had for Deutschlandfunk Kultur's "Lakonisch, Elegant" with Christine Watty and Johannes Nichelmann via Zoom in a drive-in cinema in the vast parking lots of Berlin's still unused mega-airport's BBI - what a more appropriate scenery could you think of? I will talk about what I call the "Autoregime" in my book, the problems of cars from subjective to economic and ecological levels and how they feed into the current socio-cultural Backlash.

*because of the recent importance of the Black Lives Matter Protest, the airing of the podcast has been postponed to Thursday next week...


2) starting at 20h15 (postponed from 19:30 because of the Black Lives Matter protests happening at 17h) I will present my book at Vienna's Schikaneder (Margaretenstraße 22-24, 1040 Wien). I will talk about the book, read a couple of passages and will - as a bonus - try to apply the ideas of the book on the current dangers of an even more severe Backlash in the aftermath of the Corona-crisis.

I am looking forward to good conversations and discussions tomorrow!

http://textem.de/joerg-backlash.html




Samstag, 30. Mai 2020

Demo-Rede "Zum postcoronalen Zustand für Kulturschaffende"

Since the "2-Meter-Abstand Demo für Kunst & Kultur // Nr.3" yesterday was hit by heavy rains, I have decided to put my full speech online. So that those of you who missed it can read it here.




Demorede am 29ten Mai 2020

Zum postcoronalen Zustand für Kulturschaffende


Es ist wichtig, die Coronakrise im größeren Kontext zu betrachten, um den schlimmsten Szenarien zu entgehen und [noch viel mehr]: eine bessere Welt ausgehend von diesem postcoronalen Zustand, in den wir da gerade eintreten, zu entwickeln!

Dabei möchte ich vor allem zwei Faktoren herausheben:
1) das allgemeine Klima des politischen Backlashes, der durch ein vermehrtes Auftreten von Nationalismus, Sexismus, Fremdenhass und Abschottungsphantasien in den letzten Jahren geprägt ist.
2) [den Faktor] der Klimakatastrophe, in der wir uns befinden und die eine viel größere Herausforderung als die Coronakrise darstellt.

Tatsächlich ist die Coronakrise ein Teilaspekt der Umweltkrise.
Wir erleben gerade, dass das so genannte Sechste Massenaussterben auch den Bereich der Menschen trifft – und da noch präziser: nun auch die privilegierten Menschen.
Nur aufgrund der noch nie dagewesenen internationalen menschlichen Vernetzung (im Handel wie im Tourismus und Internet) und den daraus resultierenden Biodiversitätsverlusten, ökologischen Stressfaktoren, historischen Luftverschmutzungen und weiterhin schrumpfenden Habitaten von Nicht-Menschen konnte sich ein [virales] Problem von der Größenordnung von SARS-CoV-2 entwickeln.
Wir müssen die Coronakrise als einen Teil der ökologischen Krise verstehen, um den dystopischen Verhärtungen, die sich im Backlash ankündigen, zu entgehen. Hierfür werden wir die Kreativen und Kunstschaffenden mehr denn je brauchen!
Was wir in den letzten Monaten gesehen haben, wurde bisher für unmöglich gehalten. Noch nie hat die internationale Staatengemeinschaft so schnell auf ein Problem globaler Größenordnung reagiert. Kaum jemand hätte es für möglich gehalten, dass der globale Handel, der internationale Flugverkehr und der damit verbundene CO2-Ausstoß in so kurzer Zeit so radikal reduziert werden kann. Selbes gilt aber leider auch für die persönlichen Freiheitsrechte, die demokratische Rechtsstaatlichkeit und die transnationale Solidarität.
Wir sind an einen Horizont herangetreten, an dem plötzlich die hehrsten Utopien, wie auch die dystopischsten Befürchtungen der letzten Jahre als unmittelbar reale Szenarien erscheinen.
Einerseits spricht man von Deglobalisierung der Produktion und einem radikalen ökonomischen wie kulturellen Umdenken, führt teils bereits ein Bedingungsloses Grundeinkommen ein und hat die auf fossilen Brennstoffen basierte Wirtschafts- und Tourismusbranche so massiv beschnitten, dass sie als überkommbares Paradigma erscheinen. „There is no alternative“ - wie es unsere Führungskräfe bislang als Mantra wiederholten - hat sich als endgültig als Unwahrheit erwiesen.
Andererseitsund dies dürfen wir nicht übersehen – machen leider auch totalitäre Überwachungstendenzen überall auf der Welt Schule. Verfassungswidrige Einschnitte in die persönliche Freiheit und Unversehrtheit werden mit einem jovialen Achselzucken als leider notwendig durchgewunken. Und Kritiker_Innen werden in die Nähe von so genannten „Gefährdern“ gerückt (Innenminister Nehammer) und als solche teils heftig diffamiert und angegriffen.

Man mag sich gegenüber Corona, dieser seltsamen Krönung, und der Richtigkeit der Maßnahmen, positionieren, wie man will. Eines ist jedoch klar: es wird kein Zurück mehr geben: die Zukunft, auf die wir blicken, ist eine post-coronale und es wird Zeit, sich damit kreativ, transdisziplinär und mutig auseinanderzusetzen. Wir müssen neue Territorien betreten und bislang Unsag- und Undenkbares wagen.
Solange die (staatlich verordnete) passive Schockstarre im kulturellen Bereich anhält, wird das sehr schwierig. Dann werden die biopolitischen Alpträume und real gewordenen Black Mirror-Folgen die wahrscheinlichsten Szenarien bleiben. Dann wird die Backlashtendenz der letzten Jahre und die kulturelle Regression sich weiter bis zum tödlichen Totalitarismus der Abschottungen verhärten.
Zur Zeit sehe ich ehrlich gesagt die große Gefahr, dass die FPÖ – die gerade noch in einem Ibiza-Kater darnieder liegt – es schaffen wird, längerfristig von der Coronakrise zu profitieren: Denn bisher waren es zu meinem Erschrecken Personen wie Herbert Kickl, die als erste breitenwirksam verfassungsrechtlich bedenkliche Aspekte der Coronahandhabung in Österreich kritisiert haben. Bei abzusehender steigender Arbeitslosigkeit und Unzufriedenheit in den nächsten Jahren müssen wir aufpassen, dass nicht schon wieder die Rechten Hetzer zu den Rattenfängern der Unzufriedenen werden. Damit würde der katastrophale Zustand unseres Planeten weiterhin und im wahrsten Sinne des Wortes einbetoniert werden.

Hier sind wir – als kreative, progressive Kulturschaffende – gefragt. Hier müssen wir mit besseren Erklärungen, Antworten, Kritiken und Utopien gegensteuern! Es liegt an uns, (einer transnationalen und gleichzeitig konkret lokalisierten mehr-als-menschlichen-Gemeinschaft), die coronale Krise jenseits der bisher dominanten Register des Menschlichen, Allzumenschlichen zu denken und zu leben. Corona steht in seiner Bedeutung nicht nur für einen Virenstamm, sondern auch für die Krone der Schöpfung. Es gilt diese wahnwitzige Idee des modernen Größenwahns mit seinen katastrophalen Folgen zu verlernen.

Wir müssen die Erde, die auch wir bewohnen, als nonhierarchische, komplexe Assemblage verstehen, in der ganz viele zu hause sind – und auch sein müssen, damit das Ganze funktioniert. Menschliches, Technologisches, Tierisches, Pflanzliches, Pilziges, Mikrobisches, Giftiges und auch Virales mit all diesen müssen wir in und um uns die richtige Mischung finden. Wir müssen uns in der Verwobenheit mit dieser sich radikal verändernden Welt erst einrichten. Nur dann gelingt uns ein nachhaltig gutes Leben in diesem postcoronalen Zustand. Hierfür sind viele Experimente und Forschungen notwendig. Hierfür muss noch viel gewagt und probiert werden.

Wer sollte für dieses Projekt besser geeignet sein, als die Kreativen und Kulturschaffenden?

Wenn wir das System in seinem jetzigen Zustand erhalten wollen, verschärfen wir die Klimakatastrophe nur noch weiter – und damit auch die Wahrscheinlichkeit für weitere virale und andere ökologische Krisen. Wir müssen also mehr wagen, als nur die AUA und die so genannte „Wirtschaft“ zu retten, während die eigentlich zentralen Akteur_Innen der Gesellschaft nur Brotkrümmel abbekommen.

Neben einer adäquaten Entlohnung und Förderung der so genannten „systemrelevanten Kräfte“, brauchen wir eine massive Förderung jener Kräfte, die kreativ, inklusiv und waghalsig das System erneuern und verändern können und wollen. Hierin liegt die Utopie des Kulturbetriebs! In dieser Zeit der Katastrophen brauchen die Kreativen und Kulturschaffenden viel viel mehr Mittel und Räume, neue und nachhaltigere Lebensweisen zu entwickeln und zu verbreiten – nur so entgehen wir dem Klimakollaps und Massenaussterben.

Was braucht es konkret? Ich werde hier abschließend nur drei Punkte knapp antasten, die mir wichtig erscheinen:
1) ein Bedingungsloses Grundeinkommen: und zwar – zumindest längerfristig – nicht nur für Kulturschaffende, sondern für alle! Denn wir brauchen mehr Kreative in dieser Zeit und wie sollte man besser Kreativität fördern als durch eine ökonomische Befreiung von den schlimmsten Abhängigkeiten des Kapitalismus?
In dieser Krise ist es vielleicht auch so manchen Politiker_Innen endlich klar geworden: Viele von uns sind Teil eines neuartigen Prekariats – wir sind Prekäre auf einem prekär gewordenem Planeten – und das Bedingungslose Grundeinkommen [und zwar am besten nach Alf Hornborg's Modell] ist die sozialste Formel, auf dieses Problem zu reagieren!
2) freie, inklusive Räume für Kultur!
Ich möchte mich nicht auf die (auch hier) immer wieder beschworene „Kulturnation“ berufen. Hierbei geht es für mich zu oft auf das Alte und Erstarrte (um uns herum) und es erscheint mir auch falsch, sich als „Tourismusmagnet“ der Politik verkaufen zu wollen.
Es gibt zwar viel Tolles in der Österreichischen Kulturvergangenheit, die Zukunft sehe ich aber wo anders. Ich begreife mich als Teil einer Gemeinschaft von Kreativen Wesen, die jenseits der Kriterien von Pass, Nation, Hautfarbe, Geschlecht, Beziehungen und Kapital arbeiten wollen. Dazu braucht es einen einfachen und inklusiven Zugang zu Kulturräumen des Experiments und Dialogs. Nur darin können wir eine Zukunft entwickeln!
3) Planungssicherheit und Vertrauen in die Kreativen
Während Baumärkte, Supermärkte und andere kapitalistische Zugpferde sehr bald genau wussten, wann und wie sie wieder aufmachen konnten, werden die Kulturschaffenden teils bis heute hängen gelassen. Was dabei vergeigt wird, ist, dass die beruflich bedingt Kreativsten der Gesellschaft nichts zu einem bitter notwendigen Wandel beitragen können.
Dies muss sich ändern – und hierfür sind wir heute auf der Straße, um ein lautes Signal an die Regierung zu senden – wir fordern: Gebt uns vertrauensvolle Freiheit und gebt uns Sicherheit in ökonomischen wie rechtlichen FragenDenn auch ihr werdet unsere Arbeit brauchen!
Wenn die Zukunft einigermaßen okay ausfallen soll, müssen die Kreativen und Kulturschaffenden neue Freiräume und Wertschätzung erhalten. Damit wird uns allen – Menschen wie Nicht-Menschen – geholfen, aus der katastrophalen Verhärtung der Gegenwart herauszufinden!

Ich danke euch!